Für eine sich ständig wandelnde Lern- und Arbeitswelt ist es zentral, nicht nur Inhalte und Methoden anzupassen, sondern auch die entsprechenden Räumlichkeiten weiter zu entwickeln. An der Hochschule RheinMain sollen zusätzlich zum Gebäude L, das auf dem Campus Kurt-Schumacher-Ring gebaut wird, sukzessive an allen Standorten zukunftsorientierte Lehr- und Lernräume entstehen. Eine Bestandsaufnahme bereits vorhandener Räume soll als Inspiration für die Um- und Neugestaltung bestehender Räume dienen.

Die Hochschule RheinMain hat sich erfolgreich auf das Förderprogramm „Zukunftsorientierte Lernräume - Vom Konzept bis zur Umsetzung“ des Stifterverbands für die Deutsche Wissenschaft sowie der Dieter Schwarz Stiftung beworben. Mit ihrem Status als sogenannter Challenger gehört die HSRM zu den fünf deutschlandweit ausgewählten Hochschulen, die innovative Konzepte umsetzen wollen. Der Stifterverband unterstützt diese Projekte nicht nur finanziell, sondern vor allem auch durch die Vernetzung mit anderen Hochschulen im Rahmen einer „Community of Practice“ und fördert so den Austausch und die Aufbereitung von Ideen, um optimale Lernumgebungen für Studierende zu schaffen. Zukunftsorientierte Lernräume | Stifterverband

Es sind neue Konzepte notwendig, um Studierende bei der Entwicklung von Zukunftskompetenzen in neuen, digitalen und hybriden Lehr- und Lernumgebungen zu unterstützen. Die Hochschule RheinMain möchte daher mit dem Projekt „LearningSpaces@HSRM“ eine eigene Lernraum-Typologie entwickeln, die studierendenzentrierte Lehre und optimale Bedingungen für Konzentration, Kollaboration und kreatives Arbeiten ermöglicht. Diese Lernraumtypologie soll im Rahmen eines hochschulübergreifenden Netzwerks und mit starker studentischer Partizipation erarbeitet werden.

Für die in den kommenden Jahren anstehenden umfangreichen Bau- und Umbaumaßnahmen der Hochschule RheinMain soll die zu entwickelnde Lenraumtypologie Entscheidungsprozesse vereinfachen und die Suche nach passgenauen Lösungen erleichtern. Gleichzeitig soll so im Sinne eines Corporate Designs sichergestellt werden, dass die unterschiedlichen Standorte als Teile einer Hochschule wahrgenommen werden und Identitätsraum stiften.

 

Zukunftsorientierte Lehrraumgestaltung

Lehre und Lernen findet an Hochschulen in Präsenz, hybrid oder digital statt. Neben der Technik und Didaktik spielt auch der Raum eine große Rolle, wenn es um die optimalen Bedingungen von Lehr- und Lernsituationen an Hochschulen geht. Man spricht daher vom Raum als ‚drittem Pädagogen‘ neben den Lehrenden und den Lernenden. So sollten Räume, in denen Lehre stattfindet bzw. in denen die Studierenden lernen, optimalerweise an aktiven Lehrsettings ausgerichtet sein. (Zehn Leitlinien für zukunftsorientierte Lernräume.)

Um sich verschiedenen didaktischen Szenarien innerhalb von Räumen anzunähern, kann man sich die Fragen stellen: Was sollen die Studierenden im jeweiligen Raum tun? Wie sollen sie Informationen aufnehmen sowie verarbeiten und Kompetenzen erwerben?

Didaktik: Was sollen die Studierenden tun?

Erfolgreiches Lernen erfordert von den Studierenden, dass Informationen aktiv aufgenommen, intensiv verarbeitet und in Verbindung mit bereits vorhandenem Vorwissen gebracht werden. Dieser Prozess wird in der Lehre vor allem durch soziale Interaktion zwischen Lehrenden und Studierenden, aber auch zwischen den Studierenden (kooperatives Lernen, Gruppenarbeit) sowie durch regelmäßiges Feedback auf bearbeitete Aufgaben unterstützt (Schneider/Preckel 2017; Hattie/Timperley 2016).
Abhängig davon, welche Lernziele Sie als Lehrperson anstreben, sind verschiedene Lehr-Lernszenarien geeignet, um deren Erreichen zu fördern. Die Umsetzung der verschiedenen Szenarien wiederum stellt verschiedene Ansprüche an die Raumgestaltung. Was also sollen die Studierenden mit den Lerninhalten tun?

  • Sollen die Studierenden vor allem einen Überblick erhalten, Wissensinhalte erinnern und selbstständig vertiefen? --> Listen
  • Sollen Inhalte intensiv verarbeitet, wiederholt oder angewendet werden --> Think and Work
  • Sollen die Studierenden Aufgaben gemeinsam bearbeiten? --> Pair/Team
  • Sollen die Studierenden im Plenum miteinander interagieren? --> Share/Discuss

Szenario 1: Listen

Es handelt sich hier um das traditionelle Frontalunterricht-Szenario. Eine Lehrperson ist vorne im Raum platziert. Eine Reihenbestuhlung ermöglicht den Fokus der Studierenden auf den Input der Lehrperson. Tafel, Whiteboard oder Beamer werden unterstützend für Präsentationen eingesetzt. In der Veranstaltung findet vor allem die passive Rezeption der Inhalte (Zuhören, Mitschreiben) statt.
Vorlesungsszenarien sind vor allem geeignet, um Überblickswissen über einen Themenbereich für eine große Studierendengruppe bereitzustellen. Die Studierenden lernen durch aufmerksames Zuhören und ggf. Mitschreiben. Sie können im Anschluss Wissensinhalte erinnern. Für nachhaltiges Lernen müssen diese Inhalte selbstständig wiederholt und vertieft werden.
Die Vor- und Nachbereitung finden in einer Selbstlernphase selbstgesteuert durch die Studierenden, z.B. als Klausurvorbereitung statt. Ggf. werden Skripte, Literaturempfehlungen oder andere Lernmaterialien durch die Lehrperson bereitgestellt.


Wie lässt sich das umsetzen? Welche Anforderungen werden an den Raum gestellt?

  • Traditionelle Vorlesungsräume mit (fester) Reihenbestuhlung
  • Flexible Lernräume, die so gestaltet werden, dass ein Fokus auf die Lehrperson gewährleistet ist

Szenario 2: Think and Work

Die Förderung des aktiven Lernens der Studierenden anstelle der passiven Rezeption stellt einen zentralen Aspekt innovativer und studierendenzentrierter Lehre dar. Damit einher geht die Umgestaltung von rein frontal organisierten Lehr-/Lernsettings hin zu studierenden-zentrierten und hybriden Formaten.
Ausschließlich passive Rezeption, wie sie etwa in einem klassischen Vorlesungsszenario angestrebt wird, ist alleine nicht effektiv. Erst die Vertiefung, Wiederholung und Anwendung von Wissen führt dazu, dass Inhalte intensiv verarbeitet und in Verbindung mit bereits vorhandenem Vorwissen gebracht, also nachhaltig gelernt werden. Man spricht hier von kompetenzorientierter Lehre. Dies bedeutet, dass Lehrende nicht nur Fachwissen vermitteln, sondern dass sie mit ihrer Lehre Studierende dazu befähigen, dieses Wissen in verschiedenen Kontexten anwenden zu können und damit kompetent zu handeln. Der Fokus liegt auf dem Outcome der Lehre anstatt auf dem Input, den Lehrende hineingeben.
Als Lehrperson leiten Sie dies durch das Stellen von Fragen und die Bereitstellung von zu bearbeitenden Aufgaben an. Die Studierenden benötigen also Zeit und Raum zum Nachdenken und zur Bearbeitung von Aufgaben (in der Veranstaltung oder in der Selbstlernzeit).


Wie lässt sich das umsetzen? Welche Anforderungen werden an den Raum gestellt?

  • Traditionelle Vorlesungsräume mit (fester) Reihenbestuhlung bieten Möglichkeiten für (kurze) Einzelarbeiten sowie für den Austausch mit den unmittelbaren Sitznachbarn. Durch den Einsatz von Audience Response Systemen können auch in großen Studierendengruppen die Arbeitsergebnisse eingeholt und geteilt werden.
  • Flexible Lernräume ermöglichen eine schnelle Umgestaltung, sodass auch Team- und Gruppenarbeiten mit unterschiedlichen Gruppengrößen gut möglich sind.

Szenario 3: Pair/Team

Die Bearbeitung von Aufgaben in Partnerarbeit oder im Team bietet vielfältige Gestaltungsmöglichkeiten und ist eine effektive Möglichkeit zur Förderung nachhaltigen studentischen Lernens (Schneider/Preckel 2017; Hattie/Timperley 2016).


Wie lässt sich das umsetzen? Welche Anforderungen werden an den Raum gestellt?
Zur Umsetzung von Paar- und Teamarbeiten bieten Lehr- und Lernräume idealerweise Gruppenarbeitstische, die sich leicht neu arrangieren lassen und ausreichend Abstand gewährleisten, sodass eine gute Zusammenarbeit gewährleistet werden kann. Zur Verfügung stehende Whiteboards oder Flipcharts können für die gemeinsame Ideensammlung genutzt werden und ermöglichen die Sicherung der Arbeitsergebnisse.

Szenario 4: Share and Discuss

Hier soll das gesamte Plenum im Rahmen einer Diskussion miteinander interagieren oder es sollen (Gruppen-)Arbeitsergebnisse im Plenum geteilt werden.
Zentral ist der Sichtkontakt aller Teilnehmenden zueinander. Auch sollten alle Teilnehmenden die Beiträge anderer Teilnehmender gut verstehen können.
 

Wie lässt sich das umsetzen? Welche Anforderungen werden an den Raum gestellt?
Traditionelle Vorlesungsräume mit (fester) Reihenbestuhlung oder Tischreihen bieten hierfür sehr schlechte Voraussetzungen, da der Sichtkontakt stark eingeschränkt ist und die Tische als Barriere fungieren. Durch flexibles Umstellen der Möbel oder die Nutzung von rollbaren Stühlen ohne Tische ist ggf. eine U- oder Kreisform möglich. Rollbare Stühle mit integriertem Schreibtablar und Ablage für persönliche Sachen können Tische sogar überflüssig machen.
Flexible Lernräume bieten beste Voraussetzungen, um durch eine U- oder kreisförmige Anordnung guten Sicht- und Hörkontakt aller Teilnehmenden untereinander herzustellen.

Szenario 5: Hybride Lehre

Die Nutzung von Räumen für hybride Lehre kann sehr unterschiedlich aussehen.  Je nach Thema und Gruppengröße bietet sich eine offene Raumnutzung an, in der sich Gruppen unterschiedlich verteilen können und Gruppenmitglieder zugeschaltet werden können.

Dabei hat die technische Ausstattung sowie die Ausstattung der Räume mit Schallschutzwänden eine große Auswirkung auf die Qualität der Lehre. So spielt die Sichtbarkeit der zugeschalteten Teilnehmer:inne auf den Monitoren sowie die Audioqualität, z.B. Nutzung von Owls oder (Decken)mikrofonen eine wichtige Rolle bei der Zuschaltung von Gruppenmitgliedern.

Dieser Raum ist auf Gruppenarbeit in kleineren Gruppen ausgelegt.

Zum Weiterlesen

Hier gelangen Sie zum Selbstverständnis Lehre und Lernen an der Hochschule RheinMain https://www.hs-rm.de/de/hochschule/profil#c89911 der HSRM.
Hier gelangen Sie zur Serviceseite Didaktik und Digitale Lehre https://www.hs-rm.de/de/hochschule/verwaltung/studium-und-lehre-abteilung-v/sachgebiet-v1-didaktik-und-digitale-lehre.
Hier gelangen Sie zu den Angeboten des LLZ https://www.hs-rm.de/de/lehrlernzentrum

Das Kernteam zur Weiterentwicklung des Konzeptes der „LearningSpaces@HSRM“ besteht aus:

 

Gudrun Bolduan, LehrLernZentrum
Dr. Isabella Buck, LehrLernZentrum
Salome Lazariashvili, Gebäudemanagement HSRM
Dr. Silke Masson, Didaktik und digitale Lehre
Kevin Stellwag, studentischer Mitarbeiter, LehrLernZentrum


Zum erweiterten Team gehören:

Dr. Marion Grabka, Direktorin HLB RheinMain
Professor Sascha Luippold, Studiengangsleiter im Bachelorstudiengang Architektur
Prof. Uwe Münzing, Innenarchitektur
Michael Schön, ITMZ, Hochschule RheinMain

 

Die externen Expert:innen sind:

Prof. Katja Ninnemann, Hochschule für Technik und Wirtschaft, Berlin
Tobias Scheeder, M.A., Technische Hochschule, Köln

 

Wir freuen uns über weitere Mitglieder, die im an der zukunftsorientierten Gestaltung von Lehrräumen und Lernräumen interessiert sind. Bitte melden Sie sich, wenn Sie Ideen oder Wünsche haben oder weitere Informationen erhalten möchten. Wir freuen uns über alle, die am Thema interessiert sind. (llz(at)remove-this.hs-rm.de)

Eine Liste mit Literatur zum Thema Lehr- und Lernraumgestaltung finden Sie hier.

Wir freuen uns über Interessierte an der Hochschule, die das Thema mitgestalten möchten. Wenn Sie Fragen zum Projekt haben rufen Sie uns an +49 (0) 611 9495-3215 oder schreiben Sie uns: llz(at)remove-this.hs-rm.de