Starkregen-Karten für Hessen
Innerhalb weniger Minuten fällt sehr viel Regen an einem Ort, Straßen werden überflutet, Bäche zu reißenden Flüssen, Keller und Tiefgaragen laufen voll – so genannte Starkregenereignisse werden infolge des Klimawandels immer häufiger, zuletzt traf es am vergangenen Wochenende das hessische Weilburg. Und sie richten erheblichen Schaden an.
Schäden vorzubeugen und hessischen Kommunen dabei zu helfen, sich auf Starkregenereignisse einzustellen, ist deshalb das Ziel des Projekts "KLIMPRAX Starkregen und Katastrophenschutz in Kommunen", welches das Fachzentrum Klimawandel und Anpassung im Hessischen Landesamt für Naturschutz, Umwelt und Geologie (HLNUG) gemeinsam mit verschiedenen Partnern seit 2015 realisiert hat. Mit dabei die Arbeitsgruppe "Starkregen und Sturzfluten" am Wasserbaulaboratorium der Hochschule RheinMain unter Leitung von Prof. Dr. Ernesto Ruiz Rodriguez.
"Es ist wichtig und hilfreich", so Umweltministerin Priska Hinz, "dass die durch KLIMPRAX Starkregen erarbeiteten Werkzeuge unsere hessischen Kommunen ab sofort dabei unterstützen, Schäden durch Starkregen abzumildern oder zu vermeiden. Die Klimakrise bringt immer häufiger extreme Wetterereignisse mit sich, an die wir uns auch in Hessen anpassen müssen. Daher investieren wir jährlich rund 20 Millionen Euro in den Hochwasserschutz und die Gewässerentwicklung."
Zu den im Projekt erarbeiteten Instrumenten gehört eine Starkregen-Hinweiskarte, die besonders gefährdete Gebiete ausweist – in dieser Form ein Novum in den deutschen Bundesländern. Sie basiert auf Niederschlagsbeobachtungen, Topographie und Versiegelungsgrad und enthält darüber hinaus auch Daten zur Vulnerabilität der betreffenden Region (kritische Infrastrukturen, Bevölkerungsdichte und Erosionsgefahr). Anhand dieser Karte können besonders gefährdete Kommunen ihre eigene Situation besser einschätzen und Vorsorge treffen. Auch bei großräumigen Planungen kann die Starkregen-Hinweiskarte von großem praktischem Nutzen sein.
Spezialkarten für Planer und Kommunen
Außerdem wurden Daten und Methoden zur Erstellung von kommunalen Fließpfadkarten sowie hochaufgelösten kommunalen Starkregen-Gefahrenkarten erarbeitet, um Schwerpunkte der Starkregengefährdung innerhalb einer Kommune zu identifizieren. Diese Karten sollen Abflusswege, Abflusstiefen und Wasserstände in den betroffenen Bereichen visualisieren. Für die wasserwirtschaftliche Planung sind solche Erkenntnisse von besonderem Interesse. Stadtplaner, Straßenplaner, Grünflächenplaner, Gebäudeplaner und Grundstückseigentümer bekommen so konkrete Hinweise auf Gefahrenpunkte durch Sturzfluten. Auch für den Katastrophenschutz sind diese Informationen sehr nützlich. Mit den Pilotkommunen Schotten und Witzenhausen wurde im Rahmen des Projektes die neue Vorgehensweise zur Erstellung kommunaler Starkregen-Gefahrenkarten erprobt.
"Mit der neuen Starkregen-Hinweiskarte ermöglichen wir den Kommunen eine erste Gefährdungseinschätzung. Die vom HLNUG auf Anfrage zur Verfügung gestellten kommunalen Fließpfadkarten geben dann einen ersten Eindruck, welche Wege das Wasser bei Starkregen nehmen kann. Mit den Starkregen-Gefahrenkarten lässt sich schließlich aufzeigen, wo es konkrete Gefahrenpunkte gibt und damit Handlungsbedarf besteht. Damit stellt das HLNUG den Kommunen ein Instrumentarium zur Verfügung, mit dem sie sich besser auf Starkregenereignisse vorbereiten können", erklärt HLNUG-Präsident Prof. Dr. Thomas Schmid, der davon ausgeht, dass durch den Klimawandel sowohl die Häufigkeit als auch die Intensität der Ereignisse zunimmt.
"Karten sind relevantes Instrument für die Praxis"
Wichtige Forschungsdaten kommen dabei aus dem Wasserbaulabor der Hochschule RheinMain: "Wir forschen an der Hochschule RheinMain bereits seit geraumer Zeit zum Thema Starkregen. Beim KLIMPRAX-Projekt sind wir von Anfang an dabei und entwickeln die Methodik zur Erstellung der kommunalen Starkregenkarten für das Land Hessen. Mittlerweile betreiben wir sogar Grundlagenforschung im Bereich des Fließverhaltens des Dünnschichtabflusses bei Starkregen auf steil geneigten Geländeoberflächen. Damit liefern wir einen wichtigen Beitrag zur Erforschung von Starkregenereignissen und mit den Karten ein relevantes Instrument für die Praxis", erklärt Prof. Dr. Ernesto Ruiz Rodriguez vom Fachbereich Architektur und Bauingenieurwesen, der bei dem Projekt von Nele Guthörl unterstützt wird.
Im Herbst sollen drei Regionalkonferenzen in Nord-, Mittel- und Südhessen abgehalten werden, auf denen die Kommunen über die Projektergebnisse sowie die konkrete Anwendung der Karten vor Ort informiert werden sollen.