Quo vadis Maschinenbau?
Rund 40 Vertreter:innen verschiedener Hochschulen für angewandte Wissenschaften (HAW) diskutierten vergangene Woche am Campus Rüsselsheim auf Einladung des Fachbereichstags Maschinenbau (FBTM) e. V. Kernthema der Veranstaltung war die Bedeutung der technischen Fachkräfte für die wirtschaftliche und gesellschaftliche Transformation und wie dem herrschenden Fachkräftemangel begegnet werden kann. Ausgerichtet wurde die Tagung vom Fachbereich Ingenieurwissenschaften der Hochschule RheinMain (HSRM).
Nach einem Grußwort des Vizepräsidenten für Forschung, Transfer und Nachhaltigkeit der HSRM Prof. Dr. Andreas Brensing eröffnete Prof. Dr.-Ing. Moniko Greif die Tagung: „Energie- und Verkehrswende muss man nicht nur wollen, sondern auch können“, sagte die Vorsitzende des FBTM und ehemalige Dekanin des Fachbereichs Ingenieurwissenschaften. „Wir Ingenieurinnen und Ingenieure sind die Spezialisten fürs Können!“ Als paradox empfinde sie es, dass junge Menschen zwar einerseits die Energie- und Verkehrswende forderten, aber andererseits den Maschinenbau nicht als entscheidendes Handwerkszeug erkennen: „Jede Windkraftanlage, jede Solarzelle benötigt bei der Entwicklung und Produktion Maschinenbauerinnen und -bauer“, so Prof. Dr.-Ing. Greif.
So sinke trotz des hohen Bedarfs an technischen Fachkräften seit Jahren der Anteil der Studienanfänger:innen bei den Ingenieurstudiengänge. Einziger Lichtblick seien die wachsenden Anfänger:innenzahlen in der Informatik, dies jedoch auf Kosten der klassischen Ingenieurstudiengänge. Auch das Image des Berufs werde immer wichtiger und über die Inhalte der aktuellen Studienprogramme herrsche bei Studieninteressierten weitgehend Unkenntnis.
Impulse und intensive Diskussionen
Ziel des Fachbereichtags war es, alle Akteur:innen aus Hochschulen, Wirtschaft, Politik, aber auch die Zielgruppe – junge Menschen in Studium und Schule – an einen Tisch zu bringen und, aufbauend auf einer Analyse der aktuellen Situation, Inputs von kompetenter Seite und positiven Beispielen Lösungsansätze zu entwickeln und zu vertiefen. Zum Start referierte Philipp Breiner, Parlamentarischer Referent für Bildung, Wissenschaft und Hochschulen der CDU-Fraktion im Hessischen Landtag, über die zentrale Bedeutung der technischen Fachkräfte für die Transformation der Gesellschaft: „Wir brauchen sie!“ Auch den Fokus auf die Industriepolitik betonte Breiner, die zum Ziel hat, beheimatete Industriezweige noch stärker zu unterstützen und neue Branchen nach Hessen zu holen.
Dr. Jörg Friedrich, Leiter der Abteilung Bildung des VDMA e. V., diskutierte in seinem Impulsreferat, „was können wir gemeinsam gegen den Fachkräftemangel im Maschinenbau tun?“ Das Image der technischen Berufe sei ein Thema, dabei könnten mit Technik 86 Prozent der klimaschädlichen Emissionen reduziert werden. Maschinenbau biete aber auch sichere Arbeitsplätze, ein gutes Arbeitsklima und gute Verdienstmöglichkeiten. Diese Botschaft müsse man gemeinsam kommunizieren, so Dr. Friedrich.
Für die Podiumsdiskussion unter dem Motto „Digitalisierung und Nachhaltigkeit: alles drin im Maschinenbaustudium – trotzdem nicht attraktiv und zeitgemäß?“ konnte Dekan Prof. Dr. Christian Glockner neben Volker Schier von der ASAP Holding GmbH aus Rüsselsheim und Dr. Friedrich vom VDMA auch eine Maschinenbaustudentin sowie eine Schülerin und einen Schüler aus Rüsselsheim gewinnen, um ihre Sichtweise auf das Ingenieurstudium einzubringen. Mit diesen Anregungen ging es in Workshops dann in die Details. So wurde über sinnvolle Studieneingangsphasen und Arbeitsformen diskutiert, aber auch, wie die Sichtbarkeit der Ingenieurstudiengänge und -berufe in der Gesellschaft verbessert werden kann.
Verleihung des Deutschlandpreises 2023
Zum Abschluss der Tagung erhielten Phillip Huber von der Hochschule Trier in der Kategorie Bachelor und Benedikt Nagel von der Hochschule Kempten in der Kategorie Master den mit 1.500 Euro dotierten Deutschlandpreis. Philipp Huber untersuchte das Schädigungsverhaltens der Oberfläche von dynamisch belasteten Leiterwerkstoffen. Ziel dieses Projektes ist es, neue Sensortechnologien zur strukturellen Bauteilüberwachung von Naturfaserverbundwerkstoffen zu entwickeln. Benedikt Nagel entwickelte ein Konzept zur Optimierung der Erregerzylinder-Baugruppe eines kompakten Bohrhammers, um die Lebensdauer des Taumellagers und damit der Maschine insgesamt zu verlängern. Die Themen der prämierten Arbeiten machten deutlich, so die Jury, dass Simulationsmethoden und die Verknüpfung von Mechanik, Elektronik und Software längst fachlicher Standard seien und dass das „Dampfmaschinen- oder Schmieröl-Image“ des Maschinenbaus nichts mehr mit der heutigen Berufswirklichkeit zu tun habe.