Nicht gehört! Kinderstimmen stummgeschaltet?

Im Rahmen des Vertiefungsgebiets Adultismuskritische Soziale Arbeit (AkSA) haben sich Studierende der Sozialen Arbeit an der Hochschule RheinMain mit dem Machtungleichgewicht zwischen Kindern und Erwachsenen beschäftigt. Um die Bedürfnisse und Stimmen der Kinder und Jugendlichen – insbesondere in der Corona-Pandemie – an die Politik heranzutragen und zu diskutieren, hatte das Team unter der Leitung von Prof. Dr. Heidrun Schulze und Nadine Fiebig (Wissenschaftliche Mitarbeiterin) am vergangenen Dienstagabend Vertreter:innen aus Politik und Forschung zu einer virtuellen Podiumsdiskussion eingeladen. Die Organisation, Durchführung und Auswertung der Veranstaltung fungierte gleichzeitig als gemeinsame Abschlussarbeit.

In Ihrem Grußwort betonte Hochschulpräsidentin Prof. Dr. Eva Waller, dass Adultismus, also die vorausgesetzte Überlegenheit Erwachsener Kindern gegenüber und die Folgen daraus, häufig die erste Form der Diskriminierung sei, die Menschen erleben. Eine Sensibilisierung sei daher besonders wichtig. „Praxisnahe Lehre ist Kerngeschäft unserer Hochschule, und die hochaktuelle Brisanz dieses Projektes ist ein erneuter Beweis für die ambitionierte Arbeit von Studierenden und Lehrenden am Fachbereich Sozialwesen an nachhaltigen Lösungen für Gesellschaft und Politik.“

Kinder äußern Verzweiflung, Trauer und Empörung

Als Grundlage der Diskussion dienten anschließend Statements von Kindern und Jugendlichen zu den Themen Corona-Politik, Freizeitgestaltung sowie Schule, Bildung und Gesundheit. Diese hatten die Studierenden zuvor in narrativ orientierten Gesprächen gesammelt und aufbereitet. Ein roter Faden wurde schnell deutlich, wie der Sozialwissenschaftler und Schirmherr des Masterstudiengangs „Childhood Studies and Children’s Rights“ (MACR) an der FH Potsdam Prof. Dr. Manfred Liebel bemerkte: „Aus den Statements spricht Verzweiflung und Trauer, aber auch Empörung darüber, einfach nicht gehört zu werden. Kinder haben schlicht keine Möglichkeit, politische Entscheidungen zu beeinflussen. Das ist ein strukturelles Problem.“

Zustimmung fand diese Diagnose auch bei den beiden Diskussionsteilnehmer:innen aus der Kommunalpolitik. So waren sich Sebastian Rutten, Rechtsanwalt und FDP-Stadtverordneter der Landeshauptstadt Wiesbaden, und Jennifer Groß, Lehrerin und CDU-Landtagsabgeordnete in Rheinland-Pfalz, einig darüber, dass der Dialog mit Kindern und Jugendlichen verbessert werden müsse. Die Corona-Pandemie sei auch in diesem Bereich das viel zitierte Brennglas, unter dem die Probleme besonders deutlich zu Tage träten, so Groß.

Studierende üben Kritik

Auf konkrete Maßnahmen zur Verbesserung der Situation konnten sich die Teilnehmer:innen der Diskussion, an der sich auch Forscher:innen und Sozialarbeiter:innen vom Fachbereich Sozialwesen beteiligten, nicht einigen. Zu oft, bemängelten die Studierenden im Nachgespräch, würden die in ihrer Projektarbeit formulierten Handlungsempfehlungen am fehlenden politischen Willen scheitern.

„Genau aus diesem Grund sind Diskussion wie diese für die Studierenden ein wichtiger Teil des Lernprozesses. Häufig wird es auch in ihren späteren Berufsleben darum gehen, gegen Widerstände anzukämpfen“, hielt Prof. Dr. Schulze zum Abschluss fest. „Dem gesamten Projektteam gebührt daher große Anerkennung für die erfolgreiche Durchführung dieser Veranstaltung. Damit haben Studierende der Sozialen Arbeit ihr politisches Mandat ausgeübt und sich für die Förderung intergenerationaler Gerechtigkeit eingesetzt.“