Sozialraumanalyse des Bahnhofsvorplatzes in Limburg a. d. Lahn

Präsentation der Ergebnisse der Sozialraumanalyse auf dem Bahnhofsvorplatz in Limburg. © Hochschule RheinMain

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Der Limburger Bahnhofsvorplatz war Gegenstand einer Sozialraumanalyse einer Gruppe von Studierenden des Fachbereichs Sozialwesen der Hochschule RheinMain (HSRM) unter Leitung von Prof. Dr. Michael May und der wissenschaftlichen Mitarbeiterin Elvira Schulenberg. Ausgangspunkt für die Untersuchung waren frühere Befragungen der Stadt Limburg zur subjektiven Sicherheit von Passant:innen des Geländes. Bei der nun von den Studierenden der HSRM im Vertiefungsgebiet „Sozialraum und Lebenswelt“ im 5. und 6. Semester ihres Bachelor Soziale Arbeit durchgeführten Analyse wurden explizit auch marginalisierte Nutzer:innen des Platzes mit in die aktivierende Befragung einbezogen, um die Perspektive zu erweitern.

„Dabei wurden die subjektiven Wahrnehmungen in den Dimensionen Sicherheit, Raum und Nutzende sowie daraus resultierende unterschiedliche Wünsche der Befragten für den Bahnhofsvorplatz zu Tage gebracht. Viele Passagere würden beispielsweise mehr Grünpflanzen und Bänke begrüßen, andere wiederum wünschen sich mehr Polizeipräsenz oder eine bessere Beleuchtung des Areals. Für Wohnungslose waren unter anderem die Themen kostenlose Toiletten, schnellere Hilfe (Rettungsdienst, Polizei) oder die Anerkennung durch die Bevölkerung wichtig“, fasst Elvira Schulenberg zusammen.

Präsentation der Ergebnisse auf dem Bahnhofsvorplatz

Zum Abschluss der Sozialraumanalyse wurden am vergangenen Mittwoch die Ergebnisse der Befragungen der Öffentlichkeit vor Ort präsentiert. Auf dem Bahnhofsvorplatz wurden von der Projektgruppe in Kooperation mit den Betroffenen angefertigte Bilder und Fotomontagen bezüglich der gewünschten Ausgestaltung des Platzes ausgestellt. Studierende fungierten als 'lebende Plakate', um so mit Passant:innen ins Gespräch zu kommen. Aussagen zu den Themen ‚Begrünung‘, sowie ‚Sitzen und Verweilen‘ wurden mit Kreide an entsprechenden Stationen auf den Boden des Bahnhofsvorplatzes gezeichnet. Ein Straßenmusiker hat Aussagen aus den aktivierenden Befragung zu Songs verarbeitet. Der Brunnen wurde mit Angelspielen für Kinder umfunktioniert. Darüber hinaus wurden, wie in der Befragung gefordert, Sitzmöbel und Schattenspender symbolisch aufgestellt. An einem Stand konnten Blumentöpfe bemalt und Blumen darin eingetopft werden, um sie ebenfalls symbolisch auf dem Platz zu verteilen. „Alle Stationen wurden durch Studierende betreut und verantwortet, sodass Passant:innen direkt mit ihnen in den Austausch treten konnten“, sagt Prof. Dr. May.
Für die Studierenden war das Praxisprojekt eine wichtige Erfahrung: „Ich fand es einfach super interessant mit einigen unserer späteren Klient:innengruppen in Erstkontakt zu treten und Erfahrungen in Bezug auf Networking und interdisziplinäre Zusammenarbeit zu sammeln. Allein der Prozess von einer Idee bis zu ihrer tatsächlichen Umsetzung heute war für mich sehr wertvoll“, so Achim von Janczewski aus der studentischen Projektgruppe. Für seine Kommilitonin Inola Kagniw geht von der Präsentation auf dem Limburger Bahnhofsvorplatz ein wichtiger Impuls aus: „‚Mich nimmt man ja nicht ernst‘ oder ‚Uns hört doch eh niemand zu‘ – diese Aussagen sind bei den Gesprächen mit den wohnsitzlosen Leuten am Brunnen öfter gefallen, deshalb freut es mich umso mehr, dass ihre Stimmen gehört wurden, sei es auch nur für einen Tag. Vielleicht war dieser ‚Tag der Begegnung‘ aber auch der Anstoß für zahlreiche ähnliche Veranstaltungen, um die verschiedensten Gesellschaftsgruppen zusammenzubringen und nicht mehr zu marginalisieren“, so die Studentin.

Verbesserung der Identität des Platzes

„Die Wahrnehmungen, bezogen auf den Bahnhofsvorplatz, spiegeln vielfältige – zum Teil konträre –  Ansprüche und Nutzungsgewohnheiten der Menschen wider. Diese unterschiedlichen Perspektiven können Auslöser für Konflikte sein, die es auch perspektivisch unter Beteiligung aller auszuhandeln gilt“, sagt Prof. Dr. May. Das Narrativ ‚Angstort Bahnhofsvorplatz‘ verkürze den Blick allein auf den Aspekt Sicherheit. Eine deutlich zu stärkende Perspektive – unter Beteiligung aller Nutzenden – sei analog der Befragung zur „Zukunft Innenstadt Limburg“ (Juni 2021) in den Bereichen „grüne Infrastrukturen/Verweilzonen bzw. Sitzgelegenheiten schaffen“ auch auf den Bahnhofsvorplatz übertragbar. „Neben der Steigerung der Attraktivität der Innenstadt werden so Anlässe für Begegnung alle Nutzenden geschaffen und tragen unter anderem zur Verbesserung der Identität des Platzes sowie zur Förderung einer demokratischen Stadtgesellschaft bei“, so Elvira Schulenberg.