Innovative und nachhaltige Dämmsysteme für Fachwerkgebäude im Freilichtmuseum Hessenpark
Die Hochschule RheinMain (HSRM), die Brandenburgische Technische Universität Cottbus-Senftenberg und das Freilichtmuseum Hessenpark untersuchen im Rahmen des Forschungsprojekts Fachwerk_2.0 gemeinsam, wie eine Steigerung der Energieeffizienz von Fachwerkgebäuden durch neuartige und nachhaltige Dämmsysteme unter Wahrung ihrer Authentizität erzielt werden kann. Das Forschungsprojekt wird vom Bundesministerium für Wirtschaft und Klimaschutz mit einem Gesamtvolumen von rund 2 Mio. Euro gefördert.
Der Klimaschutzplan 2050 der Bundesregierung beschreibt den Weg zu einem klimaneutralen Gebäudebestand in Deutschland bis zum Jahr 2050. Historische Fachwerkbauten bilden mit einer Anzahl von rund zwei Millionen einen beträchtlichen Anteil des vorhandenen Gebäudebestands und stellen gleichzeitig – aufgrund ihrer Materialität und des denkmalpflegerisch gewünschten Erscheinungsbilds – hohe Anforderungen an Maßnahmen zu einer effizienten energetischen Ertüchtigung. „Im Rahmen des Forschungsprojekts Fachwerk_2.0 wollen wir untersuchen, wie eine Steigerung der Energieeffizienz von Fachwerkgebäuden unter dem Aspekt der Dauerhaftigkeit und Nachhaltigkeit und unter Wahrung ihrer Authentizität erzielt werden kann“, so Prof. Dr.-Ing. Christoph Duppel, Leiter des Studienganges Baukulturerbe (B.Sc.) und stellvertretender Leiter des Labors für Bauforschung im Fachbereich Architektur und Bauingenieurwesen der HSRM.
Zu Beginn der 1990er-Jahre wurden im Rahmen eines Forschungsprojekts Untersuchungen zum bauphysikalischen Verhalten von Fachwerkgebäuden durchgeführt. Gegenstand dieser Untersuchungen bildeten unter anderem drei Versuchsgebäude im Freilichtmuseum Hessenpark. „Diese nahezu unverändert erhaltenen Fachwerkhäuser bieten im Rahmen des Projekts Fachwerk_2.0 die einmalige Chance, Wandsysteme und Aufbauten nach langjähriger Nutzungszeit zu analysieren und zu bewerten“, so Dr.-Ing. Oliver Bletz-Mühldorfer, Leiter der Arbeitsgruppe Werkstoffe aus nachwachsenden Rohstoffen im Bauwesen im Labor für Holzbau der Hochschule RheinMain.
Das zentrale Freilichtmuseum des Landes Hessen mit einer Gebäudesammlung von 113 wiedererrichteten oder (teil)rekonstruierten historischen Fachwerkhäusern hat vor rund zwei Jahren das Kompetenzzentrums Fachwerk eingerichtet. „Das neue Forschungsprojekt bildet einen wichtigen Meilenstein und wird für grundlegende Erkenntnisse im Umgang mit Fachwerkgebäuden sorgen“, unterstreicht Heike Notz, die im Hessenpark die Projektleitung für das Forschungsprojekt Fachwerk_2.0 übernommen hat. Das gewonnene Wissen kann im Freilichtmuseum einer breiten Öffentlichkeit vermittelt und zur Verfügung gestellt werden. „Unser Museum bietet eine ideale Plattform, um Interessierten die Themen Sanierung, Wartung und Pflege der Bausubstanz näherzubringen“, erklärt Notz. Die Gebäude, an denen geforscht wird, können vor Ort besichtigt werden. Mit einem Fachwerk-Musterhaus will der Hessenpark ergänzend zeigen, dass zeitgenössisches, energieeffizientes Wohnen in einem historischen Fachwerkhaus möglich ist.
Bestandsbewertung für zukunftsfähige Sanierungslösungen
Neben dieser Bestandsbewertung liegt der Fokus des Forschungsprojekts Fachwerk_2.0 auf der Entwicklung und Bewertung von neuen Ausfachungen und Dämmsystemen. Bei Fachwerkgebäuden versteht man die Bereiche zwischen der hölzernen Konstruktion als Gefache. Diese Gefache sollen mit innovativen und nachhaltigen Wandsystemen neu bestückt (ausgefacht) werden mit besonderem Augenmerk auf eine funktionsfähige und dauerhafte Ausbildung der Fugen zwischen Holz und Ausfachung. „Ziel des Forschungsprojekts ist es, aus den gewonnenen Erkenntnissen zukunftsfähige Sanierungslösungen zu entwickeln, die einen Erhalt des kulturhistorisch wertvollen Gebäudebestands unter heutigen Nutzungsmaßstäben ermöglichen und den Zielvorgaben der Klimaeffizienz für Bestands-Fachwerkgebäude unter Gebäude- und Quartiersbezug genügen“, erklärt Prof. Dr.-Ing. Christoph Duppel.
Dabei werden neben der messtechnischen Bewertung von Versuchsflächen auch hygrothermische Bauteilsimulationen an der Brandenburgischen Technischen Universität Cottbus-Senftenberg vorgenommen. „Aus dem Erkenntnisgewinn der begleitenden Berechnungen sollen neue Wandaufbauten beziehungsweise Sanierungsmöglichkeiten entwickelt werden und den am Bau Beteiligten ein Planungswerkzeug zur schadensfreien Anwendung individueller Sanierungskonzepte an die Seite gestellt werden,“ erklärt Dr.-Ing. Andrea Staar, Projektleiterin an der Brandenburgischen Technischen Universität Cottbus-Senftenberg.
Das Forschungsprojekt Fachwerk_2.0 – Entwicklung und Erforschung neuartiger Dämmsysteme zur energieeffizienten und ressourcenschonenden Fachwerkinstandsetzung an Versuchsgebäuden des Freilichtmuseums Hessenpark (Fördervorhaben: 03EN1063A-C) ist eine Fördermaßnahme im Rahmen des 7. Energieforschungsprogramms „Innovation für die Energiewende“ der Bundesregierung und wird vom Bundesministerium für Wirtschaft und Klimaschutz mit einem Gesamtvolumen von rund 2 Mio. Euro über eine Laufzeit von vier Jahren gefördert.