Kunst am Bau für das Lehr- und Lernzentrum der HSRM
Für Bauvorhaben der öffentlichen Hand sieht das Land Hessen ein Prozent des Gesamtbudgets für Kunst am Bau vor. Dieses Budget wird üblicherweise in Kooperation mit dem Hessischen Kunstbeirat für einen Wettbewerb und die Umsetzung des daraus hervorgehenden Kunstprojekts verwendet – so auch im Rahmen des Neubaus eines Lehr- und Lernzentrums auf dem Campus Kurt-Schumacher-Ring der Hochschule RheinMain (HSRM). Nun hat die Jury das Gewinner-Team des Wettbewerbs bekannt gegeben: Stefanie Trojan und Robert Barta mit ihrem Projekt Wellenlänge. „Der Entwurf des Gewinner-Teams besticht durch seine Vielschichtigkeit und die vielfältigen Interpretationsmöglichkeiten. Er passt gut ins Hochschulumfeld und wurde vom Preisgericht mit großer Mehrheit ausgewählt“, so Prof. Dr. Eva Waller, Präsidentin der Hochschule RheinMain. „Wir freuen uns, dass mit dem Kunstprojekt unser räumliches Konzept und die Bedeutung des Atriums als Ort des Austauschs und der Vernetzung gestärkt werden“, sagt Carsten Krafft, Berliner Geschäftsführer des Architekturbüros Burckhardt+Partner.
In Zusammenarbeit der HSRM mit dem Hessischen Kunstbeirat entstand vergangenen März die Idee, das Atrium des derzeit im Bau befindlichen Lehr- und Lernzentrums als Kunststandort vorzusehen und eine entsprechende Wettbewerbsaufgabe zu formulieren. Ziel war es, einen Kunstbeitrag zu entwickeln, der der Architektur und dem Ort angemessen ist und zur Identitätsstiftung mit dem Standort beiträgt. Gewünscht war dabei ein Bezug auf dessen Nutzung als Ort des Lehrens und Lernens, auf die Welt des Lernens im Allgemeinen oder die Welt der Hochschule im Speziellen. In das Konzept einbezogen werden durften vielseitige Möglichkeiten, die die Architektur des Atriums bietet – von Boden und Luftraum über verschiedene Ebenen, die Freitreppe oder die Brüstungsflächen.
Zehn mögliche Beiträge im nichtoffenen Wettbewerb
Der Wettbewerb wurde in nichtoffener Form mit einem vorgeschalteten offenen Bewerbungsverfahren durchgeführt. Sechs Beiträge wurden in die Beurteilung des Preisgerichts einbezogen, hinzu kamen zwei Beiträge von Künstler:innen, die im Vorfeld durch den Hessischen Kunstbeirat gesetzt wurden: Robert Barta und Stefanie Trojan sowie Özlem Günyol und Mustafa Kunt. So wurden dem Preisgericht acht von zehn möglichen Beiträgen anonym vorgelegt, um eine objektive Beurteilung zu gewährleisten. Zu den Beurteilungskriterien zählten neben der künstlerischen Idee beziehungsweise dem künstlerischen Leitgedanken die künstlerische Qualität in der Umsetzung, die räumliche Qualität, die Einhaltung des vorgegebenen Kostenrahmens sowie die Erfüllung der technischen und bauordnungsrechtlichen Anforderungen, die Berücksichtigung von Unterhaltungskosten und Ökologie und die Nachvollziehbarkeit und Kohärenz der eingereichten Unterlagen.
Das Preisgericht setzte sich aus Sachpreis- und Fachpreisrichter:innen zusammen. Das Sachpreisgericht stellten dabei Prof. Dr. Eva Waller (Präsidentin der Hochschule RheinMain), Sandra Korzeczek (Bauabteilung der HSRM) und Senta Seidler (Projektleiterin bei Burckhardt+Partner GmbH). Mitglieder des Fachpreisgerichts waren Stefan Haub (Vorsitz Kunstbeirat, Hessisches Ministerium der Finanzen), Elke Gruhn (Nassauischer Kunstverein Wiesbaden), Dr. Andreas Henning (Museum Wiesbaden), Giselher Hartung (Kurator Oberfinanzdirektion Frankfurt am Main), Dr. Nadia Ismail (Kunsthalle Gießen), Dr. Beate Kemfert (Kunst- und Kulturstiftung Opelvillen Rüsselsheim), Dr. Dorothee Gerkens (Neue Galerie Kassel), Dr. Klaus Dieter Pohl (Oberkustos a.D. des Hessischen Landesmuseums Darmstadt) und Kirsten Worms (Verwaltung Staatliche Schlösser und Gärten Hessen).
Vier weiß-blau-rote Linien
Das Werk von Stefanie Trojan und Robert Barta wird in Form von vier weiß-blau-roten Linien das Atrium des Lehr- und Lernzentrums der Hochschule RheinMain durchziehen. Die Betrachter:innen imaginieren sofort das Bild von Schwimmbad-Ketten. Anders jedoch als in einem klassischen Schwimmbad, hängen die Bahnbegrenzungen nicht auf der gleichen Ebene, sondern gleiten in sanften Wellen zwei Ebenen höher bis zum zweiten Stockwerk.
Die Ketten durchdringen den Raum diagonal und bringen somit Bewegung in die ansonsten rechteckige Gebäudekonstruktion. Sie streben nach oben und ziehen den Blick der Betrachter:innen hinauf zu den Oberlichtern. Die wellenförmige Bewegung erfolgt auf Grundlage dreier Kreise. Die Ketten selbst bestehen aus pulverbeschichteten blauen, weißen und roten Edelstahlkugeln. Die Rundungen implizieren etwas Weiches. Das eher schlichte, sachliche Gebäude wird um Wärme und Weichheit ergänzt. Die Farben Blau und Weiß simulieren Wasser und Luft, Rot nimmt die Wärme der Rundungen auf. Die Farben orientieren sich an den Maßgaben für wettkampfgerechte Schwimmsportstätten des Internationalen Schwimmverbandes.
Die Lehrenden und Lernenden wie auch die Besucher:innen werden in der gesamten Arbeit mitgedacht. Sie befinden sich entweder über oder unter Wasser, da das Gebäude durch die gedachte Wasseroberfläche in der Mitte diagonal geteilt wird. Egal wo die Betrachtenden stehen, positionieren sie sich zu den Schwimmbad-Ketten und werden Teil des Kunstwerks. Sie blicken entweder hinauf in die Bibliothek oder von dort aus auf die unter Wasser agierenden Studierenden. Im Wasser ist der Mensch beinahe schwerelos. Die Analogie der Schwimmbad-Ketten zu einem Lehr- und Lernzentrum liegt im Vergleich von Schwimmen und Lernen. Wie das Schwimmenlernen eine der elementarsten Fähigkeiten des Menschen ist, ist Studieren ein grundlegender Baustein für das Leben.
Die Ausführung des Kunstwerks soll nun im Rahmen der Fertigstellung des Gebäudes bis Ende 2022 erfolgen.
Ausstellung der eingereichten Beiträge
Alle eingereichten Beiträge aus dem Wettbewerb sind bis zum 22. Dezember 2021 im Gartengeschoss des A-Gebäudes am Campus Kurt-Schumacher-Ring zu sehen.