Interdisziplinärer Workshop in Valparíso

Studierende und Referenten des Projekts, „Inter-Mediando“, segunda phase - diagrammacion terriotorial © UFSM, Jorge Leon

Vom 20.3. bis 24.3.2017 fand ein einwöchiger, internationaler Workshop in Valparaíso (Chile) an der renommierten Universidad Tecnica Federico Santa Maria (UFSM) statt. Zehn Studierende der Hochschule RheinMain aus den Studiengängen Architektur und Immobilienmanagement hatten sich zu diesem interdisziplinären und interkulturellen Workshop angemeldet, um mit 20 chilenischen Studierenden ein reelles Entwurfsprojekt in Valparaíso zu bearbeiten. Verantwortlich für den Workshop waren Professor Roberto Barria, Direktor des Fachbereichs und sein jüngerer Kollege PhD Jorge Leon. Fachlich begleitet wurden die Studierenden der Hochschule RheinMain von den Professoren Joachim Kieferle und Horst Roman-Müller sowie einem Gastdozenten (Dipl.-Ing. Architekt Wolfram Poppenhäger). 

Im Rahmen dieses Workshops sollten Studierende verschiedener Studiengänge und unterschiedlicher Kulturen in kleinen Teams lernen und erleben, wie in sowohl kulturell als auch sprachlich sehr unterschiedlichen Konstellationen gemeinsam (erfolgreich) an einem Projekt gearbeitet werden kann. 

Valparaíso, knapp 2 Autostunden von der Hauptstadt Santiago de Chile entfernt, gilt als kulturelle Hauptstadt Chiles und wurde sowohl wegen seines historischen Stadtkerns als auch der besonderen Architektur des 19. und 20. Jahrhunderts 2003 zum UNESCO Weltkulturerbe erklärt. Auch die Lage an der Pazifikküste und die Topographie mit vielen Hügeln machen Valparaíso einzigartig.

Das Projekt

Im Rahmen eines reellen Entwurfsprojektes an der UFSM sollen urbane Entwurfskonzepte für die Avenida España Bereich entwickelt werden. Diese 2,6 km lange, teils sechsspurige Straße verläuft in zentraler Lage an der Küste zwischen den Städten Valparaíso und Viña Del Mar und ist aktuell die wichtigste infrastrukturelle Verbindung zwischen den beiden Städten. Allerdings trennt sie das Festland und die Uferpromenade und lässt kaum andere städtische Nutzungen oder Aktivitäten zu. Es existiert eine "urbane Leere" in diesem Gebiet, die den Ausschlag gab für die Wahl als Untersuchungsgegenstand für das Entwurfsprojekt „Inter-mediando / Re colonizar el borde“ (sinngemäß „Mittendrin / Neubesiedlung des Küstenrands“). 

Die Aufgabe

Die Aufgabe innerhalb des einwöchigen Workshops im März war es, gewonnene Erkenntnisse eigener Begehungen und Vor-Ort-Untersuchungen visuell als Basis für die weitere Arbeit darzustellen. Dazu herangezogen werden konnten die bereits aus den vorangegangenen Wochen vorliegenden Arbeitsergebnisse der chilenischen Studierenden: Informationen zur Lage, Erschließung und Infrastruktur sowie erste Raum- und Konfliktanalysen des Vorhabens und relevante Daten z. B. zur Verkehrsbelastung.  Als Methodik zur Darstellung gab die UFSM das sogenannte „Diagramming Mapping“ vor. Diese Methode ermöglicht die „Übersetzung“ komplexer Vorgänge und Abhängigkeiten, die mit traditionellen Methoden (wie Karten, Texten, Tabellen, Bildern) schwer vermittelbar sind, in gut verständliche Diagramme. Kritische Variablen wie z. B. Verbindungen, Landschaft, (Überschwemmungs- und/oder Erdbeben-Risiken, historische Entwicklungen, Bebauung etc. werden sichtbar und zueinander ins Verhältnis gesetzt. Nach Köhler et al (2003) erlaubt die Kombination unterschiedlicher Darstellungsmethoden, die auch aus benachbarten Disziplinen entlehnt werden, ein flexibles (und fokussiertes) Reagieren auf den jeweiligen Kontext sowie auf das Erkenntnisinteresse von Architekten und Planern. Hierbei erfolgt eine Reduzierung, Abstrahierung, Selektion und Organisation verbunden mit einer anschließenden graphisch-symbolischen Darstellung komplexer Sachverhalte.

Die Abschlusspräsentation

Das Ergebnis kann sich sehen lassen: In Gruppen von jeweils zwei chilenischen Studierenden und einer bzw. einem deutschen Studierenden der Hochschule RheinMain präsentierten alle Teams am Abschlusstag ihre Werkstattergebnisse mit teilweise erstaunlichen visuellen, abstrakten wie auch inhaltlichen Erkenntnissen. In Einzelpräsentationen erläuterten die Studierenden ausführlich ihre Herangehensweise, den Fokus ihrer Untersuchungen und die Ergebnisse ihrer Analysen. Dabei standen besonders die Belastung durch den Verkehr, bestehende und mögliche Flächen für öffentliche und infrastrukturelle Nutzungen, die vorhandene Bebauung oder die potentiellen Auswirkungen von Tsunamis und Entfluchtungen aus betroffenen Gebieten im Vordergrund, oft verknüpft mit zeitlichen Abhängigkeiten (Stunden, Tage oder Jahreszeiten) oder numerischen Informationen zur Verkehrsbelastung.  

Fazit

Trotz anfänglicher Sprachprobleme haben die Studierenden eine einzigartige Erfahrung in der interkulturellen Zusammenarbeit mit den chilenischen Studierenden gemacht. Darüber hinaus konnten sie (teils neue) Erfahrung mit der kontextuellen Arbeitsweise dieses anspruchsvollen Infrastruktur- und Entwurfsprojekts sammeln sowie eine nachhaltige Sicht auf das Land, die Stadt und die Kultur des Landes Chile erhalten.

Ein ganz herzlicher Dank gebührt dem Büro für Internationales - International Office der Hochschule RheinMain, den Verantwortlichen der Universidad Tecnica Federico Santa Maria und natürlich auch den Studierenden, die mit viel Interesse und Leidenschaft diesen Workshop bestritten haben.