Kommunaler Klimaschutz

Das Team des Forschungsprojekts SUETS (v.l.n.r.): Bianca Momo Skowron (GHA), Dr. Franziska Stelzer (Wuppertal Institut), Prof. Dr. Andreas Thiesen (HSRM), Dr. Katharina Gröne (Wuppertal Institut), Laura Silvia Schaaf (HSRM). Es fehlt: Kai Lipsius (GHA). © Hochschulkommunikation | Hochschule RheinMain

Wie kann eine quartiersübergreifende Kooperation die Wirkung des kommunalen Klimaschutzes erhöhen? Mit dieser Forschungsfrage beschäftigen sich Wissenschaftler:innen der Hochschule RheinMain (HSRM) gemeinsam mit dem Wuppertal Institut und der Grünen Hauptstadt Agentur (GHA) der Stadt Essen. Gefördert wird das Vorhaben von der VolkswagenStiftung und umfasst ein Projektvolumen von insgesamt 549.500 Euro.

Im Pioniervorhaben „SUETS – Social Urban Emissions Trading Systems“ konzipiert und erprobt das Forschungsteam lokale Emissionshandelssysteme in der Stadt Essen. Dazu wird ein sozialökologischer Segregationsindex entwickelt, aus dem sich unter Nutzung verfügbarer sozialer und ökologischer Daten sowie Quartiersbegehungen räumliche Nachhaltigkeitsniveaus ableiten lassen. Segregation bezeichnet das sozialräumliche Ungleichgewicht einer Stadt. In gleichem Maße, wie sich soziale Teilhabechancen in Städten unterscheiden, lassen sich dort ökologische Landkarten erstellen. Der sozialökologische Segregationsindex verbindet beide Dimensionen und liefert somit die empirische Voraussetzung zur Bestimmung von Nachhaltigkeitsniveaus. Die GHA vergibt auf dieser Basis Zertifikate an zwei strukturell unterschiedliche Quartiere und vereinbart Nachhaltigkeitsziele. Ausgehend von den ermittelten Nachhaltigkeitsniveaus der Quartiere unterscheidet sich die Anzahl der erhaltenen Zertifikate. Diese können im Rahmen eines lokalen Emissionshandels untereinander gehandelt werden. Der Erlös der Zertifikatsverkäufe soll in Quartiersräten verhandelt werden und in zukunftsfähige Infrastrukturen vor Ort fließen.  

Klimaschutz aus einer sozialen Perspektive voranbringen

„Das Forschungsprojekt ermöglicht Bürgerinnen und Bürgern mit unterschiedlichsten Voraussetzungen, sich für ihren Stadtteil zu engagieren und auf Augenhöhe miteinander zu kooperieren. Ziel des Projekts ist es, kommunalen Klimaschutz in der Stadt Essen aus einer sozialen Perspektive voranzubringen“, betont Kai Lipsius, Leiter der Grünen Hauptstadt Agentur der Stadt Essen den besonderen Ansatz des Projekts.
Dieses unterscheidet sich methodisch von bisherigen Vorhaben im kommunalen Klimaschutz: Statt die Herausforderung zukunftsfähiger Stadtentwicklung auf den individuellen „ökologischen Fußabdruck“ zu verengen, sollen Fragen der Klimagerechtigkeit entlang räumlicher Problemstellungen einer Stadt bearbeitet werden. Aus diesem Grund liegt ein besonderes Augenmerk auf dem methodischen Design, das kreative Ansätze gesellschaftlicher Transformation und konkrete Experimentierräume in urbanen Reallaboren vorsieht. Das Wuppertal Institut als bekannter Pionier urbaner Reallabore wird federführend bei der Konzeption der Reallabore als transformative Forschungsmethode sowie bei der Aufbereitung sozialökologischer Hotspots mitwirken. Außerdem soll die Entscheidung über die Reinvestition der an der Emissionsbörse freigesetzten Mittel in Quartiersräten getroffen werden.

Konkrete Einsparpotenziale als Handlungsanreize

„Wir gehen davon aus, dass der milieuübergreifende Austausch von Transformationswissen über Quartiersgrenzen hinweg neue Zugänge zur klimagerechten Stadt ermöglicht. Eine zusätzliche Motivation für die Quartiersbewohner:innen ist, dass sie über die Verwendung der Erlöse aus dem Emissionshandel mitentscheiden. So können SUETS Nachhaltigkeit erlebbar machen und zur Etablierung einer neuen Praxis kommunaler Klimaschutzaktivitäten beitragen“, so Prof. Dr. Andreas Thiesen vom Fachbereich Sozialwesen der HSRM und Leiter des Projekts.

Innovative Methoden zur Generierung von Transformationswissen

Neben den messbaren Effekten lokaler Emissionshandelssysteme auf die Klimabilanz einer Stadt, die im Fokus des Interesses der GHA stehen, interessiert sich das Forschungsteam der HSRM und des Wuppertal Instituts dafür, inwieweit sich der soziale Austausch zwischen den Quartieren durch die partizipative Generierung von Transformationswissen qualitativ erhöht. Hier ist interessant, welche Methoden dies unterstützen und inwieweit SUETS in der Lage sind, gesellschaftliche Strukturen zu verändern. Um dies zu erreichen, wird auf ungewöhnliche und innovative Methoden zur Generierung von Transformationswissen zurückgegriffen: Durch spielerische Diskussionsräume, in denen unterschiedliche gesellschaftliche Gruppen vorübergehend andere soziale Rollen einnehmen, wird die Partizipationspyramide gewissermaßen auf den Kopf gestellt.

Anschlüsse an die Nachhaltigkeitsziele der Vereinten Nationen

„Durch die Verknüpfung ökologischer, sozialer, räumlicher, ökonomischer und kultureller Fragestellungen der Stadtentwicklung verfolgen SUETS einen multiperspektivischen Ansatz, der konzeptionelle Anschlüsse an die Sustainable Development Goals der Vereinten Nationen ermöglicht“, erklärt Prof. Dr. Thiesen.

Weitere Informationen zu SUETS finden Sie auf der Projektseite.